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10 WGLi-Umschau | 4-2018
Vorhang auf für den Dialog
Die Ursachen für manch Nachbarschaftszwist können überraschen
Wie Möbel einer Wohnung nachbarschaftlichen Zwist auslösen können? Das weiß die Schlichtungs-
kommission nur zu genau: Sie vermittelt seit einem Jahrzehnt zwischen Nachbarn. Die hier ehren-
amtlich Engagierten wissen aus Erfahrung, dass Lösungen an unvermuteten Stellen zu finden sind.
Einst war die große Schrankwand „Karat“ ein un- Expertise über langjährige Sozialarbeit bis hin zur ge-
entbehrliches Möbelstück in jeder Wohnung. Dazu werkschaftlichen Tätigkeit. Die Kommission kann da-
eine passende Auswahl an Auslegeware. Und wenn bei direkt von den WGLi-Mitgliedern angesprochen
noch die richtigen Vorhänge das Fenster schmück- werden: Mehrmals im Monat bietet die Kommission
ten, war die Einrichtung perfekt. Heute geht es ge- an verschiedenen Orten eine offene Sprechstunde
rade bei jungen WGLi-Mitgliedern sehr viel minima- an oder kann auch per E-Mail, Telefon oder per Brief
listischer zu. Was Gemütlichkeit ausmacht, das sieht erreicht werden. Ihre Arbeit ist vertraulich, das ist
jede Generation anders. Ähnlich verhält es sich mit oberstes Gebot. Selbstverständlich setzen sie sich
den Vorstellungen darüber, wie das Miteinander in mit jedem individuellen Fall ausführlich auseinander:
einem Wohnhaus am besten funktioniert. Da können Ob ruhestörender Lärm, unangenehme Gerüche
selbst Möblierungsfragen zu einem entscheidenden oder die manchmal sehr unterschiedlichen Tagesab-
Faktor werden. Was früher üblich war, muss heute läufe bei Jung und Alt – die Kommission erarbeitet
nicht mehr gelten. Das hat ganz überraschende Fol- in Gesprächen Lösungsansätze und sorgt für einen
gen für das Zusammenleben in einem Haus. Wenn Dialog ohne anklagende Töne.
die junge Familie aus nachvollziehbaren Gründen auf
Auslegeware verzichtet, dann bleibt meist unbedacht, Die sich gegenüberstehenden Parteien bekommen so
dass ein schallschluckendes Element in der Wohnung die Chance, aufeinander zuzugehen. Manchmal hilft
fehlt. Plötzlich nimmt der Nachbar das Fußgetrappel auch ein ganz praktischer Ratschlag. Denn gerade Ru-
der Kinder deutlicher wahr als bei den Vormietern – hestörung ist eines der Probleme, mit der die Schlich-
und denkt, Rabauken seien eingezogen. Aus ersten tungskommission am meisten konfrontiert wird. Viele
nachbarschaftlichen Verstimmungen kann dann ech- Ursachen sind vermeidbar. Musikboxen sollten am
ter Streit entstehen. besten eine Vibrationsableitung haben – eine hand-
habbare und preiswerte Lösung sind Dämpfer aus
Dialog statt anklagende Töne dem Fachhandel. Daneben hilft es, auf physischen
Wenn die Nachbarn untereinander zu keiner Lösung Kontakt zu Heizungsrohren und Wänden zu achten,
finden, ist es gut, wenn jemand ganz objektiv ran- die Schallwellen übertragen können.
geht. Die Schlichtungskommission der WGLi bringt
zehn Jahre Erfahrung mit, wie Konflikte entschärft Helfen auch solche pragmatischen Maßnahmen nicht
oder Zwist ganz aus der Welt geschaffen werden oder geht es um Probleme, die mit einfachen Mitteln
können. Diese Beratung ist kostenlos und wird von eben nicht zu lösen sind, hilft die Schlichtungskommis-
sechs Ehrenamtlichen übernommen – nahezu alle sion, die Nachbarn an einen Tisch zu bringen. Denn
wohnende Mitglieder der WGLi. Sie bringen dabei manchmal meiden diese den offenen Austausch aus
vor allem fachliche Kompetenz mit: von juristischer Angst, die Situation könne noch weiter eskalieren.
Zu der Schlichtungs-
kommission in ihrer
aktuellen Zusammen-
setzung gehören
unter anderem (v. l.):
Dr. Achim Marko,
Margit Heinicke,
Peter Wohlleben und
Anja Freuer.
Nicht im Bild: Ursula Koos
und Petra Wichmann.