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© Peter Herlitze

Wie wär‘s mal mit ein bisschen Zeit?

April 2020

Es gab eine Zeit, da brauchte man in manchen Landesteilen viel Zeit, um ein paar Bananen zu erstehen. War aber nicht schlimm, da es sich meist um Arbeitszeit handelte. Heute nimmt man die Bananen im Vorbeigehen mit – aber Zeit haben die meisten Leute trotzdem nicht. Im Gegenteil, die meisten sind immerzu in Eile. Das brachte mich auf eine gute Idee: Zeit zu schenken. Natürlich gegen Bezahlung, wäre ja sonst auch nicht zeitgemäß. Also nahm ich mir erst einmal ein bisschen Zeit, ausführlich über das richtige Konzept nachzudenken. Dabei stellte ich fest, wie unterschiedlich die Bedürfnisse nach Zeit waren – so gut wie jeder hatte da seine eigenen Wünsche und Vorstellungen, für was er Zeit braucht: Zeit für den Partner. Zeit für die Kinder. Zeit zum Urlaub machen. Zeit für das Hobby. Zeit für sich selbst, um die Seele ein bisschen baumeln zu lassen und gar nichts zu tun. Mir wurde schnell klar, dass ich nicht die Erste mit dieser Idee war. Also musste es etwas ganz Besonderes sein, was ich zu bieten hatte. Meine erste Idee, Uhren mit 25 Stunden für einen Tag zu entwickeln, verwarf ich allerdings fast so schnell, wie sie gekommen war. Vielleicht bot mir aber die Relativitätstheorie eine Möglichkeit? Raum und Zeit nicht mehr eindeutig trennen können – da lag doch sicher die Lösung! Aber es kam einfach kein Urknall, sprich keine Idee, für mich. Auch ein schnell rotierendes schwarzes Loch war auf die Schnelle nicht aufzutreiben, um Zeitreisen anbieten zu können. Schade, aber mir dämmerte immer mehr, dass die Vergangenheit unveränderlich ist und nicht von gegenwärtigen Ereignissen beeinflusst werden kann. Die Zukunft hingegen hängt von der Gegenwart ab, kann also aktiv beeinflusst werden. Senegas Spruch „Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist zu viel Zeit, die wir nicht nutzen“ wurde mein Motto. Zeitpläne durchforsten und neue aufstellen – damit könnte ich Leuten helfen und selbst ein bisschen reicher werden. Meine Idee kam gut an, denn so gut wie jeder, den ich traf, nahm sich für den Tag, die Woche, den Monat viel zu viel vor. Ich ließ mir von meinen Nachbarn die Terminplaner geben und begann diese zu entschlacken. Ihr Leben sollte keine To-do-Liste mehr sein, in der ein Punkt nach dem anderen abgehakt wird. Sie sollten ihre Freizeit so einteilen, wie sie sie gerne hätten. Anfangs war man auch äußerst zufrieden mit den Ergebnissen meiner Arbeit. Aber dann wurde die Kritik immer lauter: Die falschen Prioritäten gesetzt. Falsche Absagen getroffen und damit sogar Freundschaften aufs Spiel gesetzt. Und so weiter und so weiter … „Gut gemeint – schlecht gemacht, Hermine“, sagten meine Nachbarn. Ich hatte also wieder einmal alles falsch gemacht. Meine Zeitkunden waren sozusagen Kunden auf Zeit. Auf die Wirkung der alten Sprichwörter „Kommt Zeit, kommt Rat“ und „Zeit heilt alle Wunden“ wollte ich aber auch nicht setzen. Jetzt schaufle ich mir erst einmal die nötige Zeit frei, um zu einem tragfähigen Konzept für eine neue Geschäftsidee zu kommen.