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© Peter Herlitze

Ich nehme nur den Ernst noch ernst

November 2019

Man wirft mir gerne vor, dass ich auch wirklich gar nichts ernst nehmen könne. Aber das stimmt nicht – das Gegenteil ist eher der Fall. Allerdings passieren tagtäglich so viele Dinge um mich herum, die eigentlich wichtig für alle Beteiligten wären, aber dann so gelöst werden, als würden sie dem Drehbuch einer krassen Kabarettistengruppe entspringen. So entstehen die Momente, bei denen man sagt: Ich würde ja gerne lachen – wenn es nicht so ernst wäre. Das umfasst sowohl die kleinen als auch die großen Dinge des Lebens, speziell des Zusammenlebens. Zum Beispiel, als ich genervt bei meinem Radiosender anfragte, warum man neuerdings immer so geschwollen unverständlich daherrede und zum Beispiel Studenten zu Studierenden mache. Denn ich kenne viele Studenten, die zwar die Vorteile aus diesem Status ziehen, aber gar nicht zu den Studierenden gehören wollen. Oder ob etwa damit das Studier-Ende gemeint sei, das bei vielen Studenten schon kurz nach der Immatrikulation einsetze, sich aber oft noch über viele Semester hinziehe. Als Antwort bekam ich, so würde man eben heute reden, denn niemand soll sich durch Worte ausgegrenzt fühlen. Ich schrieb zurück, dann sollten sie beim Sender künftig auch nicht mehr von Hörern, sondern von Hörenden sprechen. So ein Quatsch, antwortete man mir – ob ich denn den inhaltlichen Unterschied nicht erkenne, denn man wolle ja schließlich auch die Blinden ansprechen. Das ist doch von Anfang an mein Reden, nahm ich den Dialog wieder auf – aber nun war Funkstille. Und zwar beidseitig. Für den Sender, weil er sich wohl nicht traute, mir recht zu geben, und für mich, weil ich so gut wie kein Radio mehr höre. Oder nehmen wir die künftige Fortbewegung in unserer Stadt. Autos möchte man am liebsten ganz verbieten – gleichzeitig stelle ich aber immer wieder fest, dass meine S-Bahn nicht fährt, die nächste Straßenbahn ausfällt oder oder oder … Was bleibt mir also, wenn ich radlos dastehe – also nicht zu den Radfahrenden gehöre – oder ein durch das Alter immer schlechter zu Fuß gehender Mensch werde? Muss ich mir dann einen Eselskarren zulegen oder für jeden Einkauf eine Rikscha bestellen? Wenn ich dann zu meinen Freunden sage, erst jetzt verstehe ich, was der Filmtitel „Vorwärts in die Vergangenheit“ eigentlich bedeute, sagen sie, ich solle meinen Sarkasmus doch bitte lassen. Wogegen ich immer meine, wer keinen Spaß versteht, der versteht auch keinen Ernst. Und ohne ein bisschen Bosheit kann man gar nicht witzig sein. Aber ich kriege mich zum Glück immer wieder rechtzeitig ein – denn am Lachen meines Gegenüber höre ich genau, wann der Spaß zu Ende ist. Zu dieser Einsicht hat mir auch der alte Herr Ernst, ein alter weiser Bademeister aus meinem Haus, verholfen. Wenn ich mich mal wieder zu sehr aufrege, sagt er immer – und das mit Puls dreißig – zu mir: Hermine, mach es doch wie ich, also mit der Gelassenheit eines Stuhls – der muss auch jeden Arsch ertragen.