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© Peter Herlitze

Freie Fahrt für die Kultur

Oktober 2019

Hermine, sagte ich eines Tages zu mir, geh mal wieder in eine Ausstellung, sonst wirst Du noch ein Kulturbanause. Leonardo da Vinci, Universalgenie – das passte wie die Faust aufs Auge! Den Kulturgenuss wollte ich mit einem entspannten Tag in der City verbinden und arbeitete mir einen detaillierten Tagesplan aus. Froh gestimmt stieg ich in die S-Bahn Richtung Innenstadt. Schon nach zwei Stationen ruckelte und quietschte es fürchterlich, es gab einen lauten Knall, das Licht ging aus und plötzlich war es totenstill. Eine Weile passierte gar nichts, dann wurde es unruhig im Abteil. Die meisten telefonierten aufgeregt, einige versuchten vergebens, die fest verschlossenen Türen zu öffnen. Langsam wurde es warm und stickig, die Leute begannen zu schimpfen. Aber es tat sich nichts. Nach eineinhalb Stunden bequemte sich der Fahrer, eine knappe Durchsage zu machen. Es gab einen Gleisschaden auf der Strecke und obendrein war unser Zug wegen eines technischen Defekts nicht in der Lage, eigenständig weiterzufahren. Eine halbe Stunde später traf ein Ersatzwagen ein, der uns aber nicht in die City brachte, sondern ohne Zwischenstopp direkt nach Spandau fuhr. Sei schlau, dachte ich mir, nimm jetzt statt U-Bahn lieber die Regionalbahn. Die nächste Regionalbahn hatte zwar 40 Minuten Verspätung, war aber schön leer. Leider hielt sie wegen eines verdächtigen Gegenstandes nicht im Hauptbahnhof, sondern erst in Schönefeld. Dort kam ich mitten in eine Demo gegen den künftigen Lärm, falls der BER eines Tages doch fertiggestellt sein sollte. Wenigstens bekam ich nach zwei Stunden sinnlosen Wartens gerade noch einen Platz im ersten Zug, der wieder Richtung Friedrichstraße fuhr. Die eineinhalb Stunden, die mich dann der Polizeieinsatz auf der Strecke kostete, berührten mich schon fast nicht mehr. Und von Kultur hatte ich für heute auch genug – denn mal ganz ehrlich: Lässt sich Berliner Alltagskultur im öffentlichen Raum überhaupt toppen? Nun widmete ich mich nur noch der Esskultur und gönnte mir ein saftiges Steak und einen guten Wein. An diesem Tag hatte ich zwar kein einziges Bild gesehen – mir aber ein aktuelles Bild machen können. Um in der Sprache der Malerei zu bleiben: Wenn es Dir in Berlin mal zu bunt wird, setz die rosarote Brille auf, damit Du nicht alles in schwarzen Farben siehst.