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© Peter Herlitze

Ein aufgeräumtes Frauenzimmer

Juli 2021

Meine Freundin Agnes ist eine herzensgute Seele. Stets sehr aufgeräumt, das kommt einem gemütlichen Kaffeenachmittag bei ihr zumindest aus Sicht von Ordnung und Sauberkeit immer sehr zugute. Trotzdem habe ich sie lieber bei mir, als dass ich in ihrer Wohnung bin. Denn da ist sie ständig unterwegs – von einem Zimmer ins andere. Zwei Deckchen vom Wohnzimmer in die Küche tragen. Aus der Küche einen Apfel mitnehmen und ihn schon einmal optisch wirksam in ihrer Leseecke platzieren. Dann die Brille suchen, um zwei Bücher aus dem Schlafzimmer zurück ins Wohnzimmer zu bringen. Zwischendurch wirft sie immer mal einen stolzen Blick auf ihren Schrittzähler. Mittendrin throne ich dann ganz gemütlich – so möchte ich jedenfalls wirken – und schlürfe in aller Seelenruhe meinen Kaffee. Innerlich sieht es allerdings anders aus, da muss ich mich zusammennehmen, um nicht ganz laut zu schreien „Nun setz Dich endlich mal hin und höre gefälligst zu, was ich Dir zu erzählen habe!“ Ist sie bei mir, kann ich das alles besser kontrollieren – besonders natürlich ihre Aufmerksamkeit meinen Themen gegenüber. Denn sie neigt dazu, nicht richtig zuzuhören, weil ihr Blick stets rastlos durch die Runde schweift. Spricht man sie darauf an, verwahrt sie sich natürlich vehement dagegen. Inzwischen nutze ich, ehrlich gesagt, ihren außerordentlich stark ausgeprägten Ordnungssinn sogar für mich aus. Anfangs fragte sie bei unseren Kaffeerunden bei herumstehenden Gegenständen, wo diese hingehören und ob sie sie wegräumen dürfe. Es hat nicht lange gedauert, bis sie schließlich von so gut wie allen Gegenständen wusste, wo ihr Platz ist. Seitdem lade ich sie meist dann auf einen Kaffee und Kuchen ein, wenn mal wieder Ordnung in meinen Haushalt zu bringen ist. Denn ehrlich gesagt – wer fragt letztendlich danach, wer für die Ordnung gesorgt hat, wenn sie da ist? Agnes redet im Gegensatz zu mir nicht viel, sie macht einfach. Natürlich nutze ich auch das für mich aus – und so glaubt halt die gesamte Nachbarschaft, ich hätte einen Ordnungsfimmel. Na ja, ich bin schon schlimmerer Dinge beschuldigt worden. Trotz aller Lästereien muss ich sagen, dass mir diese Ordnung schon imponiert. Daher habe ich mir in einem kleinen Zimmer, welches ich bisher nur als Abstellkammer genutzt hatte, ein Frauenzimmer im wahrsten Sinne des Wortes eingerichtet. Natürlich erst, nachdem Agnes alles penibel ausgeräumt hatte. Nur mit einem Tischchen, auf dem stets mein aktuelles Buch liegt, einer Leselampe und einem bequemen Ohrensessel. Und einem Fläschchen lecker Eierlikör – wie es sich für ein zünftiges Frauenzimmer geziemt.