Veralteter Browser festgestellt

Sie verwenden einen alten Internet Explorer. Bitte aktualisieren Sie auf einen neueren Browser Ihrer Wahl, bspw. Microsoft Edge, Chrome, Firefox, Safari oder einen Anderen. Mit einem alten Browser haben Sie nicht das beste Surferlebnis und wir können nicht sicherstellen, dass alle Seiteninhalte korrekt geladen und transportiert werden.

© Peter Herlitze

Die Jagd nach den 13 Stühlen

Februar 2022

Vor längerer Zeit hatte ich eine Erbschaft gemacht. Von einer Großtante, die sehr reich gewesen sein sollte, wie ich gehört hatte. Also rechnete ich mit ein paar Millionen für mein mageres Konto oder wenigstens einem luxuriösen Häuschen am See. Der Notar eröffnete mir jedoch, dass Haus und Millionen bereits weg seien und ich einen Tisch mit 13 Stühlen geerbt hätte. Na so was, dachte ich mir, hoffentlich bringen mir diese Dreizehn kein Unglück! Noch enttäuschter war ich, als ich mein Erbe sah. Uralte Möbel, die ich auf keinen Fall behalten wollte. Aber bevor ich sie dem Müll übergebe, sagte ich mir, versuche ich, sie im Internet zu verkaufen. Mit den 300 Euro war ich hoch zufrieden, zumal die Möbel bei mir abgeholt wurden. Vier Wochen später erhielt ich einen Anruf vom Notar, ich sollte noch einmal bei ihm vorbeikommen. Er hatte noch eine Anlage zu meinem Erbteil gefunden, in der stand, dass sich unter der gepolsterten Sitzfläche eines Stuhls eine Schatzkarte befand. Was tun? Dem Käufer meiner Möbel konnte ich unmöglich davon erzählen, dann würde er auf Schatzsuche gehen. So erzählte ich ihm die rührselige Geschichte, dass ein Onkel von mir Polsterer sei, der fürs Theater historische Stühle genau nachbauen sollte und mich fragte, ob ich ihm ein paar Fotos von der Befestigung der Kordel machen könne. Der neue Besitzer willigte ein, sagte mir aber, dass er nur noch vier Stühle besitze, da er die anderen einem Jugendclub gesponsert hatte. In diesen vier Stühlen fand ich nichts, musste also weitersuchen. Abends wollte ich jedoch nicht in den Club gehen, die Angst, als alte Schabracke verlacht zu werden, war einfach zu groß. Also band ich mir eines Vormittags eine Kittelschürze um, nahm Eimer und Schrubber in die Hand und sagte dem Hausmeister, ich wäre für eine Sonderschicht zum Putzen eingeteilt. So konnte ich in Ruhe alle Stühle gründlich inspizieren und fand … nichts. Allerdings fehlten zwei Stühle. Am nächsten Tag erkundigte ich mich bei der Clubleiterin nach deren Verbleib – sie standen zuhause in der Küche der guten Frau. Wie sollte ich da unbemerkt reinkommen? Am nächsten Tag rief ich im Namen der Hausverwaltung an und vereinbarte einen Termin, an dem ein Fachmann die elektrische Anlage des Hauses kontrollieren sollte. Natürlich war ich der Elektriker im Blaumann, der pünktlich auf der Matte stand. Ich schickte die Bewohnerin in den Keller, die Sicherungen zu beobachten und mir Veränderungen mitzuteilen. In dieser Zeit nahm ich mir die beiden Stühle vor und fand – natürlich erst im dreizehnten – einen kleinen versteckten Zettel, den ich erst einmal einsteckte. Zuhause angekommen, las ich – erst ganz ruhig, dann mächtig aufgeregt: Bewegung und der Kontakt zu Menschen hält fit und jung und mehr als das kann man nicht vererben. Aber meine Lieblingsgroßnichte Hermine habe ich außer mit diesem Ratschlag natürlich noch mit etwas bedacht, was weit mehr wert ist, als mein kompletter anderer Nachlass: Mit dem Tisch und den Stühlen aus dem Teesalon Ludwig des XIV. Du hast das große Los gezogen, werde damit glücklich. Mein Glück lässt sich in wenigen Sätzen zusammenfassen: Der Mann der Clubleiterin fand die beiden hässlich, kaufte neue Küchenstühle und zerhackte die beiden gut getarnten Schmuckstücke. Daraufhin wies die Leiterin des Jugendclubs ihren Hausmeister an, die sieben alten Stühle gegen neue Stühle auszutauschen, was dieser umgehend erledigte und die unbezahlbaren Teile aus Platzgründen umgehend verbrannte. Den vier verbliebenen Stühlen erging es nicht besser – die wurden bei einem Wohnungseinbruch gestohlen und sind wohl auf ewig verschollen. Was blieb mir anderes übrig, als mich wie der Hans im Glück zu fühlen? Also war ich froh, um eine schwierige Entscheidung herumgekommen zu sein: Behalte ich die Stühle – oder verkaufe ich sie. Und welcher Preis wäre wohl der angemessene gewesen?