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© Peter Herlitze

Das perfekte Dinner

Juni 2020

Da bin ich mir ganz sicher: Besser kochen als ich kann keiner im Haus. Die Erfahrung, das Interesse – und natürlich das Talent spielen dabei schon eine große Rolle. Wenn ich nicht gerade selbst koche, schaue ich mir meist Kochsendungen im Fernsehen an – und lerne dabei, jedenfalls die ganzen Kleinigkeiten, die ich bisher wirklich noch nicht wusste. Das ist zwar nicht viel, aber Selbstoptimierung ist ja heute angesagt. Eine meiner Lieblingssendungen ist „Das perfekte Dinner“ – wahrscheinlich hat mich das auch auf die Idee gebracht, diese Sendung bei uns im Haus nachzuspielen. Gewinnen wollte ich schon – allerdings nicht wegen meiner Kochkünste. Die waren eh nicht zu toppen. Im K.o.-Verfahren wurden die vier besten Köche im Haus ermittelt, die gegen mich antreten sollten. Montag bis Donnerstag sollte die Konkurrenz kochen – am Freitag ich. Zählen würde die gegenseitige Bewertung. Und es kamen leckere Sachen auf den Tisch. Else machte ihren berühmten Orangenlachs mit Risotto. Herbert, ein Koch aus dem Nachbaraufgang, einen leckeren Rehbraten mit Äpfeln und Walnüssen. Luise zauberte marinierte und gebratene Saiblingfilets mit Joghurt-Kräuter-Sauce. Und Melanie ließ uns beim Nachtisch bei ihrer Mascarpone-Espresso-Creme dahinschmelzen. Tag für Tag wurden jedenfalls hohe Punktzahlen vergeben, die nur schwer zu überbieten waren. Die Erwartungshaltung mir gegenüber war also mehr als hoch. Keiner ahnte, was ich vorhatte. Es ging mir nicht darum, das beste Essen zu kochen. Ich wollte meinen Spaß haben, ein psychologisches Experiment starten und meinen mentalen Einfluss auf andere überprüfen. Als Erstes servierte ich einen dreifachen Whisky, schenkte gleich wieder nach und merkte, wie sich meine Gäste entspannten. Dann kam mein erster Gang – eine Fertigsuppe aus der Tüte, war in zwei Minuten fix und fertig und schmeckte auch so. Dass es meine Gäste nicht so empfanden, war wahrscheinlich dem Alkohol zuzuschreiben, der noch auf ihren Zungen lag. Mit dem ersten Gang stieg ich auch mit meiner Getränkebegleitung um – es gab jetzt einen süffigen Rum, 80 Prozent. Als dann Fischstäbchen aus dem Discounter mit einem Fertigpüree auf den Tisch kamen, nahm schon keiner mehr Anstoß daran. Zumal ich während des Essens kräftig weiter Rum ausschenkte. Nach fünf Gängen hatte ich dann alle so weit, dass ich meine Gäste einzeln in ihre Wohnungen bringen musste. An der Tür drückte ich jedem ein Foto in die Hand und sagte: „Damit Du Dich auch morgen noch an mein tolles Essen erinnern kannst“. Auf dem Foto war die Menüfolge eines Sternekochs zu sehen, ich hatte nur zusätzlich aufgedruckt: Das perfekte Dinner bei Hermine. Am nächsten Tag kam es, wie ich es mir gedacht hatte. An den vergangenen Abend konnte sich keiner meiner Nachbarn mehr erinnern. Nur das Foto ließ sie erahnen, dass es ein Fünfsterne-Essen gewesen sein musste. Bei Else blitzte zwar ganz kurz ein Gedanke auf, sie sagte, da war doch irgendetwas mit Fischstäbchen … Aber ein Blick der anderen genügte und sie murmelte, dass sie das dann wohl geträumt habe. Jedenfalls bekam ich auf mein miserables Essen volle Punktzahl. Somit hatte ich einen doppelten Sieg eingefahren – auf psychologischer Front – und irgendwie ja auch kulinarisch.