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WGLi-Umschau | 4-2019 11
Der „Mietendeckel“ und seine Folgen
Gesetzentwurf des Berliner Senats sorgt für Unsicherheit
Trotz aller Bedenken der Berliner Wohnungsgenossenschaften hält der Berliner Senat an seinem
Plan von einem „Mietendeckel“ fest. Am 22. Oktober brachte die Landesregierung das „Gesetz zur
Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung“ auf den Weg. Aus Sicht der WGLi
Wohnungsgenossenschaft Lichtenberg eG verfehlt diese Regelung nicht nur ihr Ziel, sondern verur-
sacht derzeit große Unklarheit sowohl auf Mieter- als auch auf Vermieterseite.
Zu den Fakten: Geplant ist ein Mietenstopp für fünf der Kosten zukünftig auch einen höheren Mietbeitrag
Jahre. Ab 2022 soll es möglich sein, die Mieten leisten?
pro Jahr um maximal 1,3 Prozent anzupassen. Die Bereits im Sommer hatten die 24 Berliner Wohnungs-
„Mietendeckel“-Grenzen bewegen sich zwischen genossenschaften ihren Standpunkt klargemacht und
5,95 und 8,13 Euro pro Quadratmeter nettokalt für auf kritische Punkte hingewiesen: Der Mietendeckel
die Baujahre der WGLi und orientieren sich an Miet- verhindere Neubau, Modernisierungen müssten ein-
spiegelwerten von 2013. Die Grenzen nach dem WGLi geschränkt werden, genauso wie das soziale und
eigenen Mietenkonzept liegen in der Regel bis auf die gesellschaftliche Engagement der Genossenschaften.
kleinen Wohnungen (bis zu 40 Quadratmeter) unter „Diese Diskussion blendet komplett die soziale Woh-
den vorgesehenen Mietoberwerten des „Mietende- nungspolitik der Genossenschaften aus“, sagt WGLi-
ckels“. Gemäß dem WGLi-Mietenkonzept sind Miet- Vorstandsmitglied Thomas Kleindienst. So verfolgt
erhöhungen in Höhe von 0,25 Euro pro Quadratmeter die WGLi ein eigenes Mietenkonzept, das moderate
nur für diejenigen Mieter vorgesehen, die wiederum Mietanpassungen enthält.
noch unter den WGLi-Grenzen liegen. Aber nach ge- Aus der Sicht des Vorstandes enthält der Gesetzes-
plantem „Mietendeckel“-Gesetz ist auch diese An- entwurf eine ganze Reihe unklarer Regelungen, ins-
hebung nicht möglich. Es wird kein Unterschied ge- besondere was auch deren Umsetzung betrifft. „Hier
macht, wie hoch bzw. wie niedrig die gegenwärtige wird Unsicherheit verbreitet“, sagt WGLi-Vorstands-
Miete ist. Es soll ein pauschaler Mietenstopp gelten. mitglied Thomas Kleindienst. Da unklar ist, ob das
Wird eine Wohnung, die vorher beispielsweise 30 bis neue Gesetz überhaupt rechtlich haltbar ist und nie-
40 Jahre bewohnt war, neu vermietet, soll die Miete mand weiß, wann konkret die Regelungen in Kraft tre-
gelten, die am 18. Juni 2019 vereinbart war – jenem ten, fährt die WGLi zweigleisig. „Zunächst verfolgen
Tag, an dem der Senat die Eckpunkte für den „Mie- wir unsere Projekte wie Instandsetzungen und Investi-
tendeckel“ beschloss. Trotz der hohen Aufwendun- tionen im Sinne unserer Mitglieder und Mieter weiter
gen, die auch die WGLi in ihren Wohnungsbestand und machen das, was wir für vernünftig halten“, sagt
vor einer Neuvermietung investiert (durchschnittlich Thomas Kleindienst. Allerdings arbeiten Vorstand und
20.000 Euro pro Wohnung), soll die Neuvertragsmie- Aufsichtsrat aktuell an zwei Wirtschaftsplänen für das
te nicht über der Miete des Vormieters liegen, auch kommende Jahr, der zwei Szenarien beinhaltet: In-
wenn diese noch sehr niedrig ausfällt. Eine Anhebung krafttreten des „Mietendeckels“, Nicht-Inkrafttreten
der Vormiete auf maximal 5,02 Euro pro Quadratme- des „Mietendeckels“.
ter soll möglich sein, wenn eine moderne Ausstattung
der Wohnung, die näher definiert wird, gegeben ist. Die WGLi investiert jedes
Als moderne Ausstattung wird nach dem Gesetzent- Jahr aus eigenen Mitteln
wurf unter anderem das Merkmal einer hochwertigen viel Geld in die Moderni-
Sanitärausstattung beziehungsweise von hochwerti- sierung ihrer Bestände,
gem Bodenbelag in der überwiegenden Zahl der darunter in den Anbau von
Wohnräume gesehen. Diese Merkmale sind durch Balkonen wie hier in der
die Rechtsprechung zum Mietspiegel näher ausge- Gustav-Zahnke-Straße.
staltet und beinhalten eher sogenannte „Luxussa-
nierungen“, die im Widerspruch zur Zielrichtung des
„Mietendeckel“-Gesetzes stehen.
Im Gesetzentwurf ausdrücklich genannte Moderni-
sierungsmaßnahmen dürfen maximal in Höhe von
1 Euro pro Quadratmeter auf Mieter umgelegt wer-
den. Ein Balkonanbau zählt nicht zu den umlagefähi-
gen Modernisierungskosten. Das ist eine Maßnahme,
die bei der WGLi stark nachgefragt ist und mit dieser
geplanten Regelung nun wohl auf den Prüfstand ge-
stellt wird. Warum sollen plötzlich die Mieter für einen
großzügigen Balkonanbau und einer damit verbunde-
nen größeren Wohnfläche nicht mehr für einen Teil