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4 WGLi-Umschau | 4-2018
Der zündende Funke
Eine Fabrikgründung ebnete den Weg zur Genossenschaft
Im Juni 1954 wurde die Arbeiterwohnungsgenossenschaft (AWG) im Volkseigenen Betrieb
(VEB) Elektrokohle Lichtenberg gegründet. Die heutige WGLi Wohnungsgenossenschaft
Lichtenberg eG ging aus dieser AWG hervor. Grund genug, die Wurzeln unserer Genossen-
schaft zu ergründen.
Wo liegt eigentlich der Ursprung unserer Genossen- sich neben den Gaslaternen in den Straßen noch ein
schaft? Die WGLi Wohnungsgenossenschaft Lichten- anderes elektrisches Leuchtmittel durchzusetzen:
berg eG wurde ursprünglich 1954 als Arbeiterwoh- Mittels zweier unterschiedlich geladener Kohle-
nungsgenossenschaft gegründet. Eswarenunterande- stäbe wurde ein elektrischer Funke entzündet. Der
rem die Arbeiter der „Elektrokohle“, die hier ein Zuhause „Lichtbogen“ zwischen den Kohlestiften strahlte
fanden. Die AWG ging aus dem VEB Elektrokohle ein so intensives Licht aus, dass diese Lichtquelle
Lichtenberg hervor. Nicht selten sprechen heutige sogar zur Befeuerung von Leuchttürmen dienen
WGLi-Mitglieder noch immer von „meiner AWG“. konnte. Bei der öffentlichen Straßen- und Platzbe-
Ihre Enkel jedoch mögen fragen: Was war eigentlich leuchtung kam es so Ende des 19. Jahrhunderts zu
diese Elektrokohle? einem Wettstreit der Technologien: Die elek-
trische Lichtbogenlampe machte den Gas-
Elektrokohle brachte lange Zeit Motoren zum Laufen lampen in Sachen Lichterzeugung echte
und Licht zum Strahlen. Diese Technologie kam im Konkurrenz.
19. Jahrhundert mit der Elektrizität auf und fand in
vielen Bereichen Anwendung. Die Fabriken von einst Den Hunger nach den strahlenden
sind Geschichte. Doch eine besondere Stellung in der Lichtbögen stillte dabei unter ande-
deutschen Industriegeschichte nahm die Produktions- rem eine kleine Fabrik in Charlotten-
stätte in der Herzbergstraße ein. burg: Mit der Differential-Bogen-
lampe brachten die Brüder Siemens
Licht in diese Geschichte bringt ein Blick ins Jahr 1899: gemeinsam mit dem Chefkonstruk-
Es war das Jahr, in dem die Brüder Werner, Wilhelm teur Friedrich von Hefner-Alteneck
und Carl Siemens ein Grundstück in der Herzberg- bei „Siemens & Halske“ zudem eine
straße kauften. Von hier aus breitete sich unter technisch innovative Form der Lichtbo-
dem Firmennamen „Siemens & Halske“ schon bald genlampe auf den Markt. Die technische
ein Lichtfunke über ganz Europa aus. Mitte des 19. Neuerung aus dem Jahr 1878 bestand in
Jahrhunderts ging nämlich an ausgesuchten Plätzen der automatischen Nachregulierung der Koh-
in Europa sprichwörtlich das Licht an: Die Verbrei- lebrennstäbe – zudem konnten mehrere Lampen
tung der öffentlichen Straßenbeleuchtung machte an einen Generator angeschlossen werden. Diese
nicht nur symbolisch den technischen Fortschritt Kohlebogenlampen ersetzten schon bald die Gas-
der Gesellschaft offenbar, denn die Mehrheit der beleuchtung an prominenter Stelle – der Straße Un-
Privathaushalte musste noch bis ins 20. Jahrhundert ter den Linden in Berlin. 1879 erneuerte „Siemens &
ohne elektrisches, manches Mal sogar ohne Gaslicht Halske“ auch die Beleuchtungsanlage am neu er-
auskommen. Das Patent für die Glühbirne erwarb richteten Münchner Centralbahnhof. Die Nachfrage
Thomas Alva Edison zwar schon 1880, doch war wuchs, ein zweiter Fabrikstandort in Berlin musste
deren Lichtausbeute zu gering, um damit öffentliche her. Dieser entstand in Lichtenberg an der Herzberg-
Plätze zu illuminieren. Zu diesem Zeitpunkt schien straße. Die Ausrichtung des 120.000 Quadratmeter
Die Geschichte der Elektrokohle in Lichtenberg Die Lichtenberger Fabrik produziert
unter dem Oberkommando der
Die Brüder Siemens gründen Der Betrieb in Charlotten-
die Firma „Siemens & Halske“ burg wird aufgegeben. Wehrmacht für die Kriegsrüstung.
in Charlottenburg Einsatz von Zwangsarbeitern und
Kriegsgefangenen.
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Kauf des Grundstücks an Fusion mit der Bombenangriffe der
der Herzbergstraße 128 - 139. Rütgerswerke AG, alliierten Kräfte
die „Siemens Plania zerstören die
Werke AG“ entsteht. Industrieanlage.
Die Geschichte der WGLi Wohnungsgenossenschaft Lichtenberg eG